pte20060408006 Unternehmen/Wirtschaft, Bildung/Karriere

Dem Österreich-Phänomen auf der Spur

Wie die Österreicher zu den besseren Deutschen wurden


Wien - R E Z E N S I O N (pte006/08.04.2006/09:00) Was sie schon immer über das "Erfolgsmodell Österreich" wissen wollten und warum Herr und Frau Österreicher so sind, wie sie sind, das erklärt jetzt das 200 Seiten starke Buch "Das Ösi-Phänomen - Was die Österreicher so erfolgreich macht" (Judith Grohmann / Molden Verlag, Wien http://www.molden.at ). Aufmerksam auf die Alpenrepublik wurde Europa in den vergangenen Jahren vor allem durch die ökonomische Emanzipation vom großen Bruder Deutschland. Seit jeher galt der Nachbar als Vorbild, zu dem Österreich meist aufgeblickt hat. Doch das hat sich grundlegend geändert.

In Grohmanns Erklärungsversuchs des Ösi-Wunders wird auf die Mentalität der Österreicher eingegangen wie auf die politische und wirtschaftliche Situation im deutsch-österreichischen Ländervergleich. Ausbildung und Titelsucht dürfen bei den Bestandsaufnahmen genauso wenig fehlen wie ein "Ösi-Psychogramm". Hier zitiert die Autorin u.a. auch den Wiener Psychiater Erwin Ringel, der im Jahr 1984 das Land als eine "Brutstätte der Neurose" bezeichnete. Seine Annahme: Die Österreicherinnen und Österreicher seien nicht nur "blanke Perfektionisten", sondern vor allem "Perfektionisten mit einer morbiden Seele". Um einem Österreicher zu imponieren und seine Gunst zu erhaschen, müsse man - so Ringel - ihm zumindest das Gefühl geben, ihn zu verstehen.

Der Wiener Wirtschaftspsychologe und Personalrecruiter Othmar Hill sieht die Bewohner der Alpenrepublik etwas differenzierter: Die Österreicher haben vor allem durch ihre emotionale Stärke ihre wirtschaftliche Schwäche kompensiert, wohingegen Deutschland zurzeit seine wirtschaftliche Stärke mit emotionaler Schwäche kompensiert. Die Nachbarn in Deutschland sind trotz ihres Weltmacht-Status durch die Wiedervereinigung in wirtschaftlichen, aber auch in politischen Belangen zurückgefallen. Deutschland hat ein emotionales Problem mit der Ostöffnung und dadurch ist die Anpassungsfähigkeit dahin, zitiert Grohmann den Psychologen.

In Österreich ist genau das Gegenteil der Fall - geschickt wird die Thermik aus dem Osten genützt. Laut Grohmann sind bis Ende 2004 rund 14 Mrd. Euro an Investitionsgeldern von Österreich nach Osteuropa geflossen. Pro Kopf entfallen auf jeden Österreicher etwa 1.750 Euro. Zum Vergleich: Bei den Deutschen sind es nur 440 Euro. Österreicher stoßen in Osteuropa auch auf eine breitere Akzeptanz als die Deutschen. Der österreichische Finanzminister Karlheinz Grasser erklärt dies so: "Wir sind das unauffällige, freundschaftliche Nachbarland, nicht der dominante, übermächtige Partner."

Bereits 1999 attestierte Roland Berger, Gründer der deutschen Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants, während eines Vortrags in Wien der Alpenrepublik den Status des "Globalisierungsgewinners". Verantwortlich dafür sei der kraftvolle Schub in Richtung Wachstum, Modernisierung und Restrukturierung. Dieser wird auch in den kommenden Jahren anhalten. Die Wiener Niederlassung von Roland Berger Strategy Consultants charakterisiert in einer aktuellen Studie unter dem Motto "Österreich bis ins Jahr 2015" das Land als "globalisiert, innovativ und serviceorientiert". Eine Rückkehr zur Gemütlichkeit sei aber auch für das erfolgsverwöhnte Österreich nicht zu empfehlen, da zahlreiche strukturelle Herausforderungen bewältigt werden müssen.

Derzeit leben etwa 189.000 Österreicher in der Bundesrepublik. Im Vergleich dazu sind nur 86.700 Deutsche in Österreich gemeldet. Ein Beweis dafür, dass das österreichische Erfolgsmodell und die Österreicher selbst ein Exportschlager sind. Gerald Zeiler, Sarah Wiener und einige andere erfolgreiche Exil-Österreicher geben am Ende des Buches noch kleine persönliche Einblicke in ihren Exodus aus der Alpenrepublik sowie den einen oder anderen Erfolgstipp für all jene, die in der Bundesrepublik Karriere machen wollen.

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